Einführendes Beispiel einer einfachen Verschlüsselung

1.4. Einführendes Beispiel einer einfachen Verschlüsselung#

An Hand eines einfachen Beispiels einer Chiffrierung wollen wir die in Definition 1.3 eingeführten Begriffe näher erläutern. Hierzu betrachten wir die sogenannte CAESAR-Verschlüsselung, die nach dem römischen Feldherrn Gaius Julius Caesar (100–44 v. Chr.) benannt ist, der diese Verschlüsselungstechnik für seine militärische Korrespondenz verwendet haben soll.

Bemerkung 1.4 (Historischer Hinweis auf die CAESAR-Verschlüsselung)

Caesars Verschlüsselungsverfahren wird bei Sueton [Tra20] erwähnt:

Epistulae quoque eius ad senatum extant, quas primum videtur ad paginas et formam
memorialis libellis convertisse, cum antea consules et duces non nisi transversa
charta scriptas mitterent. Exstant et ad Ciceronem, item ad familiares domesticis
de rebus, in quibus, si qua occultius perferenda erant, per notas scripsit, id est 
sic structo litterarum ordine, ut nullum verbum effici posset; quae si qui
investigare et persequi velit, quartam elementorum litteram, id est D pro A et
perinde reliquas commutet.

Wir beschreiben im Folgenden eine spezielle Form der CAESAR-Verschlüsselung ohne Wahlmöglichkeit eines Schlüssels.

Algorithmus 1.1 (CAESAR-3-Verschlüsselung)

  1. Wir wählen als zu Grunde liegendes Alphabet \(\Sigma\) die lateinischen Großbuchstaben (ohne deutsche Umlaute) A,…,Z und nutzen als Klartext- und Chiffretextraum \(\mathcal{P} = \mathcal{C} = \Sigma^*\), d.h. die Menge aller Wörter über dem Alphabet \(\Sigma\).

  2. Wir definieren explizit (d.h. durch Zuweisung) eine Verschlüsselungsfunktion \(f\) auf dem Alphabet \(\Sigma\) wie folgt:

    \(x\)

    A

    B

    C

    D

    E

    F

    G

    H

    I

    J

    K

    L

    M

    N

    O

    P

    Q

    R

    S

    T

    U

    V

    W

    X

    Y

    Z

    \(f(x)\)

    D

    E

    F

    G

    H

    I

    J

    K

    L

    M

    N

    O

    P

    Q

    R

    S

    T

    U

    V

    W

    X

    Y

    Z

    A

    B

    C


    Man erkennt, dass ein Buchstabe \(x \in \Sigma\) durch die CAESAR-3-Verschlüsselung immer um drei Positionen im Alphabet verschoben wird.

  3. Verschlüsselung: Ein Klartext \(m \in \mathcal{P}\) mit \(m = a_1a_2a_3\dots\) wird verschlüsselt, indem man jeden Buchstaben \(a_i \in \Sigma\) des Textes sukzessiv durch \(f(a_i) \in \Sigma\) mittels obiger Tabelle ersetzt. Somit erhält man also den Chiffretext \(c \in \mathcal{C}\) mit \(c = f(a_1)f(a_2)f(a_3)\dots\).

  4. Entschlüsselung: Die Entschlüsselung eines Chiffretexts \(c = c_1,c_2,c_3,\dots\) funktioniert analog wie die Verschlüsselung, nur dass man statt \(f\) die Umkehrfunktion \(f^{-1}\) verwendet, d.h. \(m = f^{-1}(c_1)f^{-1}(c_2)f^{-1}(c_3)\dots\). Die Umkehrfunktion \(f^{-1}\) erhält man direkt, wenn man die obige Tabelle von unten nach oben liest.

Wir wollen die CAESAR-\(3\)-Verschlüsselung im Folgenden an Hand eines Beispiels illustrieren.

Beispiel 1.4 (CAESAR-3-Verschlüsselung)

Mit Hilfe der in Algorithmus 1.1 eingeführten CAESAR-\(3\)-Verschlüsselung wird der Klartext

HEUTE IST DONNERSTAG

zum Chiffretext

KHXWH LVW GRQQHUVWDJ

verschlüsselt.

Anstatt die Verschlüsselungsfunktion \(f\) der CAESAR-\(3\)-Verschlüsselung in Algorithmus 1.1 explizit in Form einer Tabelle anzugeben, lässt sie sich auch elegant mathematisch beschreiben. Verwenden wir nämlich eine Bijektion zwischen dem Alphabet \(\Sigma = \lbrace\)A,…,Z\(\rbrace\) und den natürlichen Zahlen \(0, \dots, 25\), so lässt sich die Verschlüsselungsfunktion \(f\) mathematisch beschreiben als

\[f(x) \, = \, \begin{cases} x+3 &\text{ für }0\le x\le 22,\\ x+3-26 &\text{ für }23\le x\le 25, \end{cases}\]

oder zusammengefasst als

\[f(x)=x+3\bmod 26.\]

Dabei ist für \(a\in\Z\) und \(N\in\N\) die Zahl \(a\bmod N\)  d.h., der Rest der Division von \(a\) durch \(N\). Die Umkehrabbildung lässt sich entsprechend dann in der Form

\[f^{-1}(x)=x-3\bmod 26\quad\text{ oder }\quad f^{-1}(x)=x+23\bmod 26\]

schreiben.